Die alte Sternwarte in Mainz braucht eine würdige, modernere Nachfolgerin – und weniger Lichtverschmutzung
Ich habe ja eine fast schon emotionale Bindung mit der alten Sternwarte, die sich unter der wohlbekannten alten Kuppel im Turm der Anne-Frank-Schule verbirgt. 50 Jahre lang konnten die Mainzer Leute von dort aus in den faszinierenden Nachhimmel schauen, jedoch endete dies mit einem Beschluss der Brandschutzkontrolle im Jahr 2011. Seitdem dürfen leider maximal drei Leute auf einmal den Turm besteigen. Obwohl die alte Sternwarte wohl immer einen besonderen Platz in meinem Herzen haben wird (und wohl auch in den Herzen vieler anderer Mainzer), so sind die Zeiten, als dieser Turm ein Sammelplatz für alle Astronomie-Freunde war, leider für immer vorbei.
Das Problem der Lichtverschmutzung
Das liegt aber nicht nur daran, dass die alte Sternwarte nicht mehr modern und sicher genug ist. Der größte Problemfaktor ist die stetig zunehmende Lichtverschmutzung der umliegenden Stadt – was vor 50 Jahren oder vorher vielleicht noch in Grenzen gehalten war, macht heute eine anständige Sternenbeobachtung nahezu unmöglich. Das ist ein Problem, welches man damals noch nicht so vorhersehen konnte, heutzutage aber ein umfassendes Problem geworden ist, welches neben allen Astronomie-Fans auch ganz stark den Rhythmus der Wildtiere, vor allem der Wandervögel, beeinflusst. Vom Weltall aus gesehen ist die Welt in den industrialisierten Nationen längst nicht mehr dunkel in der Nacht, sondern leuchtet, als wenn die Erdoberfläche den Sternenhimmel widerspiegeln wollte.
Fortschritt: Paul-Baumann-Sternwarte in Klein-Winternheim
Als die AAG Leute und ihre Teleskope 2011 auf einmal heimatlos – oder viel mehr sternwarten-los – wurden, zog man nach Klein-Winternheim um, ein wenig außerhalb von Mainz. Die Außensternwarte wurde nach Paul Baumann benannt, dem Mainzer Politiker, der im Jahr 1962 den Bau der ersten Sternwarte initiiert hatte. Obwohl es dort ein besseres 30 cm Schmidt-Cassegrain Spiegelteleskop auf parallaktischer, computergesteuerter Montierung gibt, ist dieser Ort leider auch nicht besonders gut für das Sternegucken geeignet, denn es gibt keine Erhöhung, umliegende Büsche und Bäume verkleinern das Sichtfeld, und auch hier nimmt die Lichtverschmutzung viel zu schnell zu. Und bald sollen auf den naheliegenden Feldern auch Windränder gebaut werden, was den Ort für Astronomie-Zwecke leider unbrauchbar machen wird.
Hoffnung: eine neue Stadecker Warte
Die AAG Mainz hat sich daher auf die Suche gemacht nach einem Standort für eine neue Sternwarte, die dann langfristig zum neuen Hauptquartier der Sternefreunde und aller anderen Interessierten werden kann. Es sollte hoch genug gelegen sein, sodass man eine unversperrte Rundumsicht in den Himmel haben kann. Des Weiteren erwartet man, dass trotz aller Anstrengungen das Problem der Lichtverschmutzung erstmal nur noch schlimmer werden wird. Ordentliches Sternegucken wird in der Nähe der Stadt und auch kleinerer Siedlungen ausgeschlossen sein. Ein nahezu perfekter Ort wurde in der Stadecker Warte entdeckt, dort soll es dann auch mit Hilfe eines neuen 8,5 m hohen Turms und eines moderneren Teleskops möglich sein, 1,6-mal mehr Sterne zu sehen als in der Klein-Winternheimer Warte.
Leider jedoch: Hürden und Gegner
Wie immer, wenn sich etwas ändern soll, wenn neue, unbekannte Dinge passieren sollen, werden auch Skeptiker laut. An dem Ort, wo die Stadecker Warte geplant ist, ist jetzt noch nicht viel los, er ist umgeben von Weinbergen. Den Winzern wäre es auch am liebsten, wenn das so bleiben würde. Eine Sternwarte würde regelmäßig Menschen anziehen – wie viele? Würden die dann im Weinberg oder auf der schmalen langwirtschaftlichen Straße parken? Auf jeden Fall wird ein Bebauungsplan gefordert, was auch Geld kostet und das Projekt noch einige Jahre in die Zukunft verschieben wird.
Natürlich ist auch Geld ein großes Problem: ein knapp neun Meter hohes Gebäude mit kleinem Seminarraum und neuem teleskopischem Equipment wird nicht billig werden, auch wenn es das mindeste ist, was eine engagierte Gruppe wie die AAG zum Aktiven Nachgang ihres Hobbys braucht. Man ist jedoch optimistisch, dass sich nach und nach genug Sponsoren finden werden, denn der Verein veranstaltet regelmäßig interessante Vorträge und Führungen, die für die ganze Bevölkerung zugänglich sind und auch in der Vergangenheit großen Anklang fanden. Ich bin auf jeden Fall begeistert über das Projekt und kann es kaum abwarten, von der neuen Stadecker Warte aus in den Himmel zu schauen, bis ich mich fühle als wäre ich direkt zwischen den Sternen.
Wollt ihr wissen, was mich sonst noch an der Astronomie interessiert? Dann schaut euch gerne meine anderen Posts an: